Florian Erkinger Interview mobile

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Interview Thomas Cervenca

Kein Alkohol, no Partys dafür Yoga. Florian Erkinger ist nur auf den Ersten Blick der typische Skater. Wenn andere schon bei der Session zum ein oder anderen Bier greifen und gröhlend fs grinds feiern, hält Florian seine Thermoskanne in der Hand und unterhält sich höflich mit Umstehenden – um im nächsten Moment mit perfekt gezwirbelten sw flips 11-Stufen Sets zu überfliegen. Dabei behält er immer einen extrem entspannten Zugang zum Skaten. Hier wird nicht geflucht wenn etwas nicht funktioniert und Boards brechen wenn dann aus versehen. Man kann sich sicher sein das hier die Kraft aus der Ruhe geschöpft wird und diese, fast Zen-mäßige Sinnesart ist auch abseits vom Skateboardfahren zu bemerken. Egal ob ein absurdes Double-Set oder eine schlecht eingewachste Stufe vor einem Haustor gefahren, egal ob drei Hammers gefilmt oder nur drei Flips im Flat gemacht, am Ende des Tages wird Florian mit Sicherheit zufrieden nach Hause pushen und sich im Schneidersitz noch seinen Vaporizer stopfen.

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Wie ist es zustande gekommen, dass du die ganze zeit Tee trinkst, Nüsse isst und Yoga machst?

Eigentlich bin ich auf Yoga gekommen durch einen alten Schulfreund, mit dem ich seit der ersten Klasse Volksschule bis ins Gymnasium in der selben Klasse war. Wir haben jetzt auch noch immer Kontakt. Ich hab generell durch die ganzen Verletzungen vom Skaten richtig gemerkt, dass mein Körper einfach nicht passt. Ich hab beispielsweise keine langen Strecken gehen können ohne dass mir irgendwas wehgetan hat. Ich hab oft mit dem Freund geplaudert und irgendwann hat er gemeint ich soll mal Yoga probieren, das hilft bei sowas. Ich hab dann nicht gleich damit angefangen, aber irgendwann habe ich mir gedacht ich probier’s mal. Hab mir dann ein Buch gekauft und mit diesem Buch habe ich angefangen mich ganz langsam an diese Übungen heranzutasten. Das hat mir wirklich vom ersten Tag an gefallen, weil ich hab eine Übung gemacht und hab vorher immer Kreuzschmerzen gehabt oder so ein komisches Gefühl im Rücken und da hat es dann so einen Knackser gemacht beim Beckenübergang in die Wirbelsäule – beim Iliosakralgelenk – und seit dem habe ich nie wieder etwas gespürt beim Rücken. Wie als ob diese Blockade einfach weggewesen wäre und da habe ich dann gedacht – okay, das ist wirklich das beste. Ich habs dann natürlich noch immer ein bisschen gemerkt, aber es ist auf jeden fall wieder smoother geworden.

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Wie lange machst du das jetzt schon?

Eigentlich seit dem Frühling 2014, wobei ich eine Pause gemacht hab, weil ich mir das Schlüsselbein gebrochen hab. Da hab ich dann sicher so vier bis fünf Monate gar nichts machen können bis ich dann wieder langsam von vorne angefangen habe. Ich hab ja quasi nochmal lernen müssen mich wieder richtig zu bewegen, weil ich meinen Arm monatelang nicht heben oder bewegen hab können.

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Ich finde man merkt es auch bei deinem Style – versuchst du bewusst irgendwie alles abzufedern oder so zu skaten, dass es irgendwie für deinen Körper gut ist?

Ich versuche schon so, dass es sich so anfühlt als würde ich für nichts wirklich eine Kraft aufwenden. Als würde diese Kraft von selber aus dem Inneren kommen. Das ist überhaupt der Trick bei allem, wenn du Yoga, Chi Gong oder was weiß ich machst. Eigentlich probierst du – wenn du dich beispielsweise abstützt – die Arme nicht anzuspannen, sondern dass es von innen kommt. Wenn du das richtig machst, dann verwendest du deinen ganzen Körper. Weil dein Körper eigentlich wie ein Muskel ist, bei dem alles zusammenarbeitet. Am Anfang war es komisch, weil ich bestimmte Bewegungen vorher anders gemacht hab. Zum Beispiel in einen fs Tailslide reinspringen. Früher habe ich diese Bewegung ganz anders gemacht als jetzt. Wahrscheinlich auch weil ich immer Knieschmerzen gehabt habe und mich gar nicht so auf mein Knie lehnen konnte. Jetzt fang ich erst an mich wieder richtig draufzustellen.

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Du stehst früh auf und machst richtig Übungen dafür?

Ja, ich steh ziemlich früh auf und fang dann auch gleich damit an. Ich mach sicher so dreieinhalb Stunden Übungen. Mit diesem Buch habe ich eben ein Programm, das ich jeden Tag durchmache.

Immer dasselbe?

Nein, das Ganze ist stufenweise aufgebaut. Es fängt mit Vorübungen an, die dich auf die eigentlichen Übungen vorbereiten. Du könntest natürlich probieren von Anfang Übungen für Fortgeschrittene zu machen – nur bis du dann diese Übungen erst richtig machen kannst, dauert es sehr lang oder es passiert gar nicht. Deswegen kann man diese Vorübungen machen, dass du einmal beginnst ein besseres Körpergefühl zu kriegen. Bestimmte Muskelgruppen, die wir im Alltag nie brauchen – besonders im Schulter- oder Rückenbereich – werden einfach trainiert und fangen an sich daran zu gewöhnen.

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Du hattest ja in den letzten Jahren ziemlich Verletzungspech?

Ja, fast vor einem Jahr hab ich mir das Schlüsselbein gebrochen und vor ca. zwei Jahren bin ich in Barcelona ziemlich stark umgeknickt. Das spür ich eigentlich noch immer. Keine Ahnung ob da irgendwas passiert ist. Das war dann eben auch so eine Geschichte mit schlechter Erstversorgung.

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Das war ja beim Schlüsselbein auch so oder?

Es schaut hald ein bisschen komisch aus. Im ersten Moment hätte man probieren können es einzurenken, nur war das in Amerika und da greift dich kein Arzt an. Heimfliegen – wäre wahrscheinlich gescheiter gewesen – hab ich aber nicht gemacht. Ich wollte dort bleiben und jetzt mach ich das beste draus.

Und jetzt ist es ein bisschen schief?

Es ist ein verschobener Bruch, der jetzt einfach so zusammengewachsen ist, wobei mir hier auch viele Ärzte gesagt haben, dass das eigentlich nichts macht. Das schaut jetzt komisch aus und dauert eine zeitlang bis sich mein Körper darauf einstellt, wie die Schulter funktioniert. Ich merk das auch. Es wird mit den Übungen immer besser. Da knacksts dann mal ordentlich.

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Wie bist du eigentlich zum Skaten gekommen?

Der Dominik (Erkinger) und ich hatten schon lange ein Skateboard – schon mit acht oder so – aber wir haben es eher im sitzen probiert. Eigentlich wo ich mir richtig gedacht habe, dass skaten leiwand sein könnte, das war im Gymnasium. Da hat es zwei Skater in der Klasse gegeben und die sind mit dem Board in die Schule gefahren. Ein Freund aus meinem Haus hat ein Skateboard gehabt und das hab ich mir immer ausgeborgt und mit dem hab ich dann Ollie und Kickflip gelernt.

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An einem Tag?

Na, das hat schon ein bisschen gedauert. Als ich dann irgendwann Kickflip geschafft hab, wollt ich ein eigenes Brett. Ich hab eigentlich im Winter angefangen zu skaten und zu Ostern wollt ich dann als Geschenk ein richtiges Board haben. Dann haben wir mein erstes Setup gekauft – so ein Element Mini-Board. Wir waren im Gibian und sie haben mir dort zu einem Mini-Board geraten. Sicher, passt schon, hab ich damals gesagt.

War ja auch dein Spitzname – der kleine Flo. Ist jetzt gar nicht mehr so. Bei deinem Bruder ja auch nicht. Ihr habts ja fast gleichzeitig zu skaten angefangen oder?

Wir haben uns am selben Tag ein Setup gekauft. Der Dominik im Intersport und ich hab schon gesagt – na, ich will eines aus einem Skateshop. Ich hab schon irgendwie gewusst, dass sowas gibt.

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Und der Dominik hat dann aber aufgehört zu skaten sozusagen?

Ja, er hat schon immer ein Board gehabt. Er hat sich dann schon ein richtiges gekauft – irgendein Zero mit einem roten Totenkopf und das hat er ewig gehabt. Ich hab das gar nicht mitgekriegt, dass er dann wieder soviel skaten geht, weil da bin ich zum Martin Scheidl in die WG gezogen. Das war die Zeit, wo er wieder zum Skaten angefangen hat und irgendwann zeigt er mir mal was am Handy und auf einmal macht er Treflip von so einem kleinen Gap von der Miniramp runter. Das hab ich arg gefunden, dass er gleich mal Treflip gelernt hat und dann ist er gleich ur groß geworden und hat den ärgsten Pop bekommen.

Gehts ihr manchmal gemeinsam skaten? Nur ihr zwei?

Oja, schon ein paar Mal. Meistens ists so, dass irgendwer den Dominik anruft – besonders jetzt nach meiner Verletzung, wo ich lang nicht skaten war – und er sagt mir dann, wo alle hingehen. Aber manchmal hat sich nichts ergeben und dann wir sind an einem schirchen Tag zur Nordbrücke gefahren. Aber meistens sind eh nicht nur wir zwei.

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Motiviert ihr euch richtig oder ist das so ein bisschen ein Konkurrenzkampf?

Nein, gar nicht. Also ich hab nicht das Gefühl. Wenn wir skaten und ich seh er macht einen fetten Trick, dann denk ich mir ja cool, jetzt will ich auch einen fetten Trick machen. Ich hab schon das Gefühl, dass wir probieren uns gegenseitig zu motivieren. Es ist nicht so, dass ich mir jetzt denk – oida, der kann ja schon ur viele Sachen besser als ich. Generell kann er viele Ledgetricks, wo ich ewig gebraucht hab die zu lernen. So flip-in Sachen hat er schnell gelernt.

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Du hast vorher erwähnt, dass du mit Martin Scheidl und Thomas Bauer zusammengewohnt hast – ca. zu der Zeit, wo ihr für das Leftovers Video gefilmt habts. Hast du da mehr gefilmt, weil du in der Skate-WG gewohnt hast und der Thomas immer motiviert war?

Ja schon, weil der Thomas eigentlich immer die Kamera mitgenommen hat und immer gefilmt hat. Das war einfach geh ma raus skaten und es war immer die Kamera dabei. Meistens waren immer die ganzen Leute dabei – Andi (Luger) usw. – immer fette Session – das war cool.

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Liegt deine „Prime“ im skaten noch vor dir?

Das kann ich nicht sagen. Also ich nehme mir nicht vor, dass ich irgendwas erreiche. Eine zeitlang habe ich mir schon gedacht, ich will ur fett skaten soviel wie nur geht. Aber irgendwann hab ich dann gemerkt, dass mein Körper das nicht mehr ganz aushält. Da waren früher echt Tage, wo ich ins Bett gegangen bin und mir gedacht hab ich kann nicht mehr aufstehen – mir tut alles weh – Knöchel, die Knie, der Rücken. Vielleicht skate ich jetzt sogar mehr, aber hald wirklich skaten. Früher bin ich viel Stufen gefahren und hab mich echt überall runtergeschossen – besonders auch wenn der Markus (Schwarz) dabei war. Ich versuch einfach alles zu skaten, ich fahr Stufen nicht mehr so viel, auch nicht so große Sachen.

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Das kannst nicht sagen, schau was ich in der Einleitung geschrieben hab (lacht)

(lacht) Ich sag nicht ich fahr keine Stufen mehr. Ich fahr schon noch Stufen, aber nicht mehr die ganze Zeit so wie früher. Ich finds eh auch noch cool. Wenn ich motiviert bin und es sich ergibt hau ich mich eh noch irgendwo runter.

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Gibts irgendwelche Leute, die deinen Skatestil beeinflusst haben?

Also der Axel (Hallwirth) hat mich schon ziemlich beeinflusst, weil wir viel skaten gegangen sind oder eh auch noch immer gehen. Jetzt nicht nur beim Skaten, sondern auch bei allem möglichen – wie man über Sachen nachdenkt und sowas. Auch durch flip bs tails lernen – ich sehs beim Axel und denk mir ich will auch coole flip bs tails machen, wobei ich sie nie so oft wie er gemacht hab. Aber ja, paar Sachen hab ich mir vom Axel abgeschaut. Andi Luger auch, weil er immer schnell und Vollgas skatet. Der Andi hat mich oft beim Stufen fahren motiviert. Ich seh er haut sich gleich drauf und denk mir passt, jetzt hau ich mich auch gleich drauf. Der Markus natürlich auch.

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Wie ist dein Mindset beim Stufen fahren oder bei größeren Sachen?

Ich hab das Gefühl beim Stufen fahren oder bei großen Sachen, dass weniger mehr ist. Je entspannter du bist, desto leichter und natürlicher kommt der Trick von selbst. Je mehr du dich anstrengst und dir denkst, ah ich muss ihn fett popen und schauen, dass ich da drüber komm, desto schwieriger wird’s, glaub ich. Ich probier gar nicht, dass ich so fett wegpop – außer ich muss jetzt irgendwo drüber. Ich glaub am wichtigsten ist, dass du probierst den Trick so sicher wie möglich zu machen. Wie im Flat, dass du ihn auf jeden Fall stehst und so beim Stufen fahren auch probierst. Dass es locker von selber kommt. Das ist generell bei allem so. Egal ob jetzt Yoga oder skaten – je lockerer du bist und je mehr du versuchst, dass es von selber kommt, desto leichter wird es.

Grüße an?

Jemanden aufzählen geht immer schief – also liebe Grüße an alle und danke.

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